Prof. Hans Auras  |  Freier Architekt BDA

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Öffentliche Bauten | Gewerbliche Bauten | Wohnbauten

Individualisierung von Massenprozessen –
Humanisierung von Bauwerken

Exzerpt eines Vortrags am Polytechnikum in Breslau, 1987


Author: Prof. Hans Auras

Der Anspruch, daß ein Bauwerk für Menschen ›humanbezogen‹ sein müsse wird sicherlich von niemand in Frage gestellt. Wie sich jedoch diese Eigenschaft zu artikulieren hätte, wird (sicherlich mit Recht) von den damit Befaßten unterschiedlich beurteilt und unterschiedlich praktiziert. Das Maß an ›Rücksichtnahme‹ und planerische Auseinandersetzung mit dem Planungsziel ›Humanbezogenheit‹ wird, soweit ich das beurteilen kann, mit dem jeweiligen Erkenntnisstand des betroffenen Planers zusammenhängen. Dieser Erkenntnisstand legt für mich den Anspruch einer Nutzer-Öffentlichkeit offen, der die Unabdingbarkeit dieser Rücksichtnahme und Zielsetzung feststellen läßt.

Ich gebe zu, daß mir am Anfang meines Architektseins diese Ziele nicht bewußt waren. Wenn ich hin und wieder bei meinen Entwürfen und Ausführungen aus Versehen ins richtige Fahrwasser geraten bin, so ist dies eher Zufall, vielleicht auch eine gewisse Neigung. Seit einigen Jahren jedoch und insbesondere heute, entwerfe ich sehr bewußt unter dem Aspekt, der genannten Thematik näher zu kommen. Ich bin nicht der Meinung, daß man nur in wirtschaftlicher Prosperität über ein solches Thema nachdenken kann, sozusagen erst dann, wenn man genug zu tun hat. Ich glaube, daß dieser Gesichtspunkt in jedweden Entwurfsprozess einfließen kann. Es kommt nur darauf an, daß man prätentiöse Gestaltungsziele, die natürlich in der Architektur auch legitim sind, rechtzeitig als solche erkennt und dann gegen unprätentiöse Entwurfsziele auswechselt. Alles in allem fordert dies, bei allem Anspruch, wahrscheinlich eine gewisse Bescheidenheit bei der ›Selbstdarstellung‹.

Meine jeweiligen Planungsaufgaben waren und sind noch sehr unterschiedlich. Am Anfang standen Schulen auf dem Programm, nur durch Wettbewerbserfolge konnte man ja ein Büro aufbauen. Dann kam Wohnungsbau dazu, Einzelwohnbauten, größere Wohnbauten für Geschoßwohnungsbau, gelegentlich auch städtebauliche Aufgaben, Verwaltungsbauten, Industriebauten, oder auch Sonderbauten für Universitäten.

Es wäre irrig anzunehmen, daß für alle Bauaufgaben eine einheitliche Formensprache verwendet worden wäre. Ich bin nicht der Meinung, daß das Ziel Humanisierung an formale Einzelheiten gebunden ist, zumal die Situationen, in denen wir bauen, höchst unterschiedlich sind und sich allein schon daraus ein einheitliches Gestalten verbietet. Humanisierung ist für mich auch Polarisierung. Dies bedeutet, daß kontrapunktische Architektursprachen erst zu Spannungsfeldern führen können, die, auf den Menschen hin betrachtet, Lebendigkeit erzeugen.